Das groß angekündigte und vielleicht entscheidende TV-Duell zwischen der amtierenden Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihrem Herausforderer Martin Schulz (SPD) war eigentlich keins. Eher war es ein Duett mit kleinen Differenzen, eine GroKo-Paartherapie. Gut vorbereitet waren sie beide, doch nicht zuletzt wegen der Themensetzung gelang es den Kandidaten nicht so recht, die Unterschiede zu markieren. Das schadet vor allem Martin Schulz. Denn wenn eh alles bleibt, wie es – wieso dann jemand anderen wählen?
Hauptthema: Flucht und Migration
Themen wie der Klimawandel, Digitalisierung, steigende Mieten, Altersarmut, soziale (Un-)Gerechtigkeit, Despoten in Russland und Amerika – das alles blieb außen vor oder wurde nur kurz angeschnitten. Mit Abstand wurde am meisten über Flucht und Migration gesprochen. Und da gab es wenig Kontroverses. Also mussten die Kandidaten selbst für die Überraschungen sorgen: Vor allem Martin Schulz überraschte mit der Ankündigung, sich als Kanzler für einen Abbruch jeglicher EU-Beitrittsverhandlugen mit der Türkei einzusetzen. Für einen SPD-Mann ein äußerst ungewöhnliches Vorhaben. Also musste auch Merkel überraschen, und sagte: Mit ihr wird es keine Rente mit 70 geben.
Wer hat das TV-Duell gewonnen?
Man nehme also ein Unentschieden und füge den Amtsinhaberbonus und die Macht der Gewöhnung hinzu. Dann hat man das folgende Ergebnis: Einer Umfrage der ARD zufolge hat Angela Merkel für 55 Prozent der Zuschauer das Duell gewonnen. Für Martin Schulz stimmten nur 35 Prozent. Im ZDF fällt das Ergebnis nicht so deutlich aus, doch auch dort liegt sie vorne: 32 Prozent entschieden sich für Merkel, 29 für Schulz. Auch die bisher unentschlossenen Wähler, auf die Schulz all seine Hoffnungen legt, konnte die amtierende Bundeskanzlerin nach Zahlen der ARD mehrheitlich hinter sich versammeln (48 Prozent zu 32).
Ergebnis: Weiter so…
Wenn man dieses Duell als Maßstab nimmt, wird dem Zuschauer hängen bleiben: Ob nun Angela Merkel Kanzlerin bleibt, oder Schulz ins Kanzleramt einzieht – viel ändern wird sich nicht. Angesichts des Rechtsrucks in vielen westlichen Demokratien kann das beruhigen. Man kann es aber auch als das deuten, was Schulz vor gut zwei Monaten noch Merkel vorwarf: Man könne die Demokratie nicht im Schlafwagen voranbringen. Genau dazu war das „Duell“ jedoch geeignet: zum Einschlafen.
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Bild: ARD