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2046 – Odyssee eines Liebenden

Paul | 21. August 2017

In Wong Kar-Wais Film 2046 ist die Erde von einem weltweiten Schienennetz umschlungen. Praktisch überall kann man hinfahren, doch ein Ort ist ganz besonders: 2046. Es heißt, dort würde sich nie etwas ändern. Aber wer weiß das schon mit Sicherheit? Keiner kam je zurück! Nur der Japaner Tak sitzt nun im Zug, und jeder fragt ihn: Warum hast du 2046 verlassen?

Meisterhaft verwebte Erzählstränge

Die Erklärung dessen führt uns zu Chow, einem Journalisten. Er verarbeitet seine Erlebnisse in einem Roman, eben über den Tak, der 2046 verlässt. Jetzt muss er weit ausholen, und Regisseur Wong Kar-Wai verwebt die Geschichten meisterhaft: Während der Zug die Gebiete „12-24“ und „12-25“ durchquert (eisig kalt!), muss er sich wärmen. Doch man darf nicht den hübschen Automaten erliegen, die trotz ihrer tausend Rädchen und Schräubchen Wärme auszustrahlen scheinen.

2046 ist wie eine Traumreise

Wumms, Perspektivwechsel: Natürlich stehen die Gebiete „12-24“ und „12-25“ für eisige Weihnachtstage, vor allem für einen Alleinstehenden. Und die scheinbar emotionslosen Automaten sind Affären, die Chow nichts bedeuten wollen. So ist der ganze Film wie eine Traumreise: transzendierend wabern wir durch Gegenwart, Vergangenheit und Romanfiktion. Dadurch kann 2046 abbilden, was eigentlich nicht abzubilden ist: das Unbewusste und Unterbewusste. Statt sich darin zu verirren, fügt Wong Kar-Wai mehrere (Erzähl-)Ebenen hinzu und schafft es, von tiefen Wahrheiten zu erzählen.

Wie aus der Zeit gefallen

Verwirrende Handlungssprünge und langatmige Sequenzen entsprechen so gar nicht unserer Zeit, in der alles sofort und einfach, oder verdaulich häppchenweise zur Verfügung steht. 2046 dagegen ist wie ein dicker Wälzer eines großen Künstlers wie Thomas Mann: Länger, als gewöhnlich, mitunter  schwer verständlich, aber mit unglaublich tiefsinnigen und scharfen Analysen über uns und unsere Zeit.

Die Vorgeschichte zu 2046 ist In the Mood for Loveein bitter-süßes Melodram über ein Paar, das keine Zukunft hat.

 

Tolle Fotografien und Film Stills gibt es in dieser Retrospektive des international renommierten Filmregisseurs:

 

 

Bild: Filmplakat