< TV-Rechte beim Fußball

Das Milliardengeschäft Fußball – Dokus und mehr

Mediasteak | 04. Oktober 2019

Wird die deutsche Bundesliga im Vergleich mit anderen europäischen Topligen betrachtet, wirkt sie beinahe ärmlich. Aus den TV-Rechten der Liga erhält die DFL, der Ligaverband der beiden oberen Bundesligen, knapp 1,1 Milliarden Euro in der Saison. In England wird ca. anderthalb Mal so viel bezahlt. Doch während es in anderen Ländern mit dem Milliardenpoker funktioniert, scheint es, als sei in Deutschland das Ende der Fahnenstange erreicht. Nicht allein überlegen Unternehmen, ob sie die Übertragungsrechte wollen, auch Fans gehen längst deutlich und lautstark auf die Barrikaden. Es stellt sich die Frage: Was wird geschehen, wenn im kommenden Jahr die Rechte neu vergeben werden?

Einige Bieter steigen bei den Übertragungsrechten aus

Sehr überraschend hat sich erst jetzt Eurosport aus der TV-Übertragung zurückgezogen. Der Sender hatte mit dem eigenen Streaming-Player »Eurosport-Player« einige Spiele des Spieltags übertragen, gab seine Rechte an DAZN ab – den Sportdienst, der über Amazon erreichbar ist und längst als das Netflix des Sports gilt. Durch den Ausstieg von Eurosport und die Tatsache, dass die Zuschauerzahlen bei der Champions League durch die Umstellung auf reines Pay-TV erheblich sanken, könnten sich Änderungen bei den nächsten Verhandlungen für künftige Übertragungsrechte ergeben.

Für Fußballfans indes ist der finanzielle Poker um die Rechte gar nicht im Mittelpunkt des Interesses. Ihnen ist mehr an einer ordentlichen und zusammenhängenden Übertragung gelegen. Diese ist aktuell nicht wirklich gegeben und Fans, die selbst aktiv ins Stadion gehen und somit TV-Spiele verpassen, sind selten gewillt, mehrere Abos abzuschließen:

  • Bundesliga – sie wird vollständig vom Pay-TV-Anbieter Sky übertragen. Das Paket kostet, sofern kein Angebot genutzt wird, 29,99 Euro im Monat. Einige Spiele der Bundesliga werden zudem bei DAZN gezeigt. Abopreis: 12,00 Euro monatlich.
  • Zweite Liga – diese teilen sich DAZN und Sky. Die Eurosport-Spiele gingen an DAZN.
  • DFB-Pokal – das öffentliche TV hat die Rechte für ein Topspiel der jeweiligen Runde. Alle anderen Spiele werden visuell bei Sky gezeigt und im Radio übertragen. Amazon bietet die Spiele im Audioformat, dasselbe gilt für die Bundesligen.
  • Champions League – sie wird ausschließlich im Pay-TV übertragen. Sky und DAZN teilen sich die Rechte.
  • Europa League – sie wird von Sky und DAZN komplett übertragen, hinzu kommt je Spieltag ein Spiel auf RTL Nitro. Spiele mit deutscher Beteiligung werden bevorzugt.
  • Sportschau – sie ist eine feste Institution und zeigt bislang noch die Zusammenfassungen der Samstagsspiele, des Freitagsspiels der Ersten Liga und die der Zweiten Liga. RTL Nitro darf montags die Zusammenfassung des Montagsspiels der Zweiten Liga zeigen.
  • 3. Liga – wer die Dritte Liga schauen möchte, muss sich indes an die Telekom wenden. Sie besitzt die Übertragungsrechte für alle Drittligapartien, mit Ausnahme von knapp 80 Partien, die auf den Regionalsendern gezeigt werden dürfen.

Wenigstens 29,99 Euro muss ein Fußballfan also monatlich ausgeben, um aktuell alle Spiele zu sehen. Ist er an weiterem Sport interessiert, kommt er nicht an DAZN vorbei, hinzu kommen die Kosten für Telekom-Sport: sie liegen zwischen 9,99 Euro und 16,99 Euro monatlich.

Doku-Tipp: Deutschland, China und der Fußball

Wie hoch sind die Fernsehgelder im Vergleich zu den europäischen Top-Ligen?

Für den allgemeinen Bürger und Fußballfan sind die Beträge, die in Deutschland für die Fußballrechte ausgegeben werden, bereits massiv. 1,16 Milliarden gehen jede Saison an die DFL, die wiederum die Fernsehgelder anhand des Platzierungsschlüssels auf die Vereine verteilt. Sicher ist, dass Eurosport allein rund 70 Millionen Euro ausgegeben hat und jetzt den Anteil verkaufte. Sky zahlt den Mammutbetrag – vergibt jedoch wiederum Unterlizenzen an DAZN. Zu den Kosten für die Champions League machte Sky keine Angaben, jedoch sind es wohl an die 100 Millionen, da ARD und ZDF ab diesem Betrag nicht mitbieten.

Für die dritte Bundesliga, die vom DFB verwaltet wird, zahlt die Telekom verhältnismäßig wenig: 16 Millionen sind es ungefähr, die Clubs erhalten inklusive Vermarktung 1,18 Millionen Euro jede Saison.

Bei solchen Zahlen würden Vereine in anderen Ländern nicht einmal die Stadien aufschließen:

  • England – die Gelder sind zurückgegangen, dennoch kommt die Liga weiterhin auf rund 1,7 Milliarden Euro in der Saison. Für Fans ergibt sich ein kurios-ärgerliches Fiasko: von den 380 Ligaspielen können die Fans nur 200 Spiele live im TV verfolgen. Dank »Blackout-Rule« ist es nicht erlaubt, samstags zwischen 14:45 und 17:15 Uhr Fußball im TV zu zeigen. Die Regel sollte vor sechzig Jahren Fans ins Stadion locken, besteht aber immer noch.
  • Spanien – 1,14 Milliarden Euro je Saison erhält der spanische Ligaverband für die Übertragungsrechte. Telefonica hält den größten Anteil, auch eine öffentliche Vermarktungsanstalt hat zugeschlagen. Dieser Betrag beinhaltet noch nicht alle TV-Rechte, kleinere Anteile wurden nachträglich vergeben.
  • Italien – die Rechte wurden aufgeteilt: Sky zahlt 780 Millionen Euro jährlich, hinzu kommt die Perform Group mit 193 Millionen Euro in der Saison.

Durch die häufige Teilung ergibt sich das Bild, welches Fans wütend stimmt: Die Aufspaltung des Spieltags mit zig verschiedenen Anstoßzeiten.

DFB, UEFA und FIFA – auf der ewigen Suche nach Verbesserungen

Die Landes-Fußballverbände, der europäische und der weltweite Fußballverband sind stets bestrebt, das »Erlebnis Fußball« zu verbessern und interessanter zu gestalten. Angesichts der Summen, die aufgerufen werden, wird jedem Fußballinteressierten bewusst, dass die Verbesserungen in erster Linie das TV-Erlebnis betreffen. Leider gilt sehr deutlich: Mit Fans im Stadion lässt sich bestenfalls aufgrund der Kulisse auf dem großen Markt verdienen. Und für das TV gilt, dass mehr Spiele auch mehr Einnahmen bedeuten. Daher werden auch die Wettbewerbe angeglichen:

  • Europa-/Weltmeisterschaften – bezüglich der WM dauerte der Entschluss eine WM länger, doch ab 2026 wird die WM mit 48 Mannschaften ausgetragen. Das bedeutet, dass je Spieltag bis zu sechs Spiele stattfinden werden, die durchaus nicht parallel geplant sind.
  • Nations-League – das ist wohl eine der Veranstaltungen, die auch Fans nicht wirklich verstehen. Früher spielte die Nationalmannschaft, um sich für die WM oder EM zu qualifizieren. Nun gibt es die Nations-League mit Abstiegsregelung. Und die UEFA plant schon weiter. Wenn die Nations-League die geraden Jahreszahlen betrifft, dann kann ein weiterer Wettbewerb die geraden Jahre füllen.
  • Europa League – hier möchte die UEFA deftige Veränderungen anstreben. Sie plant praktisch einen Wettbewerb mit Auf- und Abstiegen. Die kleineren Clubs protestieren bereits dagegen. Dieses Prinzip könnte aber auch die Champions League betreffen.
  • Champions League – ab 2024 könnte es mitunter eine dreistufige Champions League geben – also praktisch die 1. bis 3. Bundesliga nur auf europäischer Ebene. Auch hier wird befürchtet, dass die Kluft zwischen Groß und Klein noch tiefer wird und die kleineren Clubs auf der Strecke bleiben, zumal die »1. Champions League« innerhalb der Champions-Ligen ausgespielt werden würde. Ein Sieg in der jeweiligen Landesliga würde also nicht bedeuten, oben mitzuspielen, wenn es sich nicht um einen Verein handelt, der schon im »Golden Circle« mitspielt.

Regeländerungen

Der Fußball hat sich verändert. Nicht allein auf den Rängen, in den Hinterzimmern und an den Pokertischen rund um die Rechte, nein, auch das Spiel an sich. Er ist schneller geworden, kaum jemand greift noch auf »Catenaccio« zurück. Es wird mehr gepfiffen, die Spieler verändern sich und bleiben liegen, wenn sie vor Jahrzehnten noch aufgestanden wären. gibt es natürlich feste Regeländerungen im Fußball:

  • Videobeweis – Der Videobeweis ist der aktuelle Höhepunkt der Nutzung technischer Hilfsmittel im Fußball. Wurden vorher vor allem Systeme rund um die Torlinientechnik eingesetzt, aber jetzt kann der Schiedsrichter nach Konsultation der Videokamera eigene Entscheidungen korrigieren. Seit dieser Saison ist er auch in der zweiten Bundesliga mit dabei. Es ist ein gutes System, dem es leider an einer klaren Ausführungsrichtlinie für Schiedsrichter mangelt.
  • Rückpass – Passspiel kann beim Zuschauen schon langweilig sein, ständige Rückpässe zum eigenen Torwart wurden somit zu Recht verboten.
  • Drei-Punkte-Regelung – Sie hat die Zwei-Punkte-Regelungen in allen Wettbewerben abgelöst und soll Mannschaften dazu animieren, taktische Spiele in Richtung Unentschieden zu vermeiden.
  • Handspiel – Das ist aktuell wohl der größte Aufreger aller Ligen. Was ist Handspiel, was nicht? Ist es ein Handspiel, wenn der Spieler mit dem Rücken zum Ball stehend am Ellenbogen angeschossen wird?

Fazit – der Zuschauer sollte nicht vergessen werden

Um im internationalen Wettbewerb mithalten zu können, braucht die Bundesliga hohe TV-Gelder. Das ist die Kehrseite der 50:1-Regel, denn ohne Investoren wie in England oder Frankreich, muss das Geld anderweitig reinkommen. Doch darf bei all dem nicht vergessen werden, wer eigentlich den Fußball trägt: die Fans. Und während Rechte-Interessenten noch überlegen, ob sie mitgehen oder aussteigen, ist bei vielen Fans nicht die Fahnenstange erreicht, sondern das Maß bis zum Bersten voll. Bei noch mehr Wettbewerben, Neuregelungen und Mehrspielen, könnte sonst durchaus das Fiasko für die Rechteinhaber eintreffen: Die Fans können sich das Abo nicht leisten und das Übermaß an Fußball führt zur Übersättigung.

Autorin: Sandra Krautscheid

Bild: Dziurek / stock.adobe

Kategorien: Behind The Scenes