(Wenn es mit Liebe gekocht wurde, sollte man sich die Mühe machen, auch beim Foto nicht auf Fast Food zu setzen)
Es dürfte wohl kaum noch Menschen geben, die es noch nicht getan haben: Eine Speise fotografieren – egal ob für die private Fotosammlung oder die sozialmediale Weltöffentlichkeit.
Aber nicht nur, wenn man selbst gekocht hat, sondern auch dann, wenn es „nur“ ein Chef de Cuisine war, sollte man auch die Arbeit etwas wertschätzen – und das tut man nicht, indem man hurtig das Handy darüber hält.
Auf den folgenden Zeilen zeigen wir deshalb, wie man richtig Food Fotografie betreibt. Vor allem zwar für Hobbyköche, aber auch alle anderen, die kulinarische Kunst mit ebensolcher Fotokunst wertschätzen möchten.
1. Tipp: Ganz oder gar nicht
Käme man auf die Idee, sich im Partydress vor die Kamera zu begeben, wenn die Party schon halbvorbei ist, die Frisur verrutscht und auf dem Sakko Soßenflecken prangen? Wohl kaum. Man schießt die „wichtigen Fotos“, wenn alles frisch und unberührt ist
Ähnlich sollte man es auch bei der Speisenfotografie machen: Es wird niemals etwas fotografiert, nachdem man darin mit Messer und Gabel gewütet hat. Ein Anschnitt (etwa um das Innere eines Steaks zu präsentieren), ist natürlich ebenso erlaubt wie dekorativ eingestecktes „Werkzeug“. Mehr aber allerdings nicht. Das Essen soll sich auch dem späteren Betrachter so präsentieren, wie vom Koch kreiert, nur dann funktioniert der psychologische „Anmach-Effekt“ vollständig.
2. Tipp: Bereitmachen, bevor serviert wird
Die Bedienung serviert Überbackenes frisch aus dem Ofen. Der Käse blubbert, der Dampf steigt auf. Ein Bild, welches das Wasser im Munde zusammenlaufen lässt – allerdings im besten Sinne „The Heat of the Moment“.
Kramt man erst jetzt Handy bzw. Kamera hervor und sucht den richtigen Bildausschnitt, wird die Käsekruste hart, der Dampf versiegt, die optische Attraktivität geht verloren.
Der gute Fotograf macht Probeaufnahmen. Das geht sogar im Restaurant. Einfach „irgendwas“ positionieren, wo später der Teller steht und dann die Wartezeit damit überbrücken, Blickwinkel auszuprobieren.
3. Tipp: Bokeh ja, aber dezent
Auch wenn der Begriff Bokeh außerhalb von Fotografenkreisen wenig geläufig ist, kennen viele seine Auswirkungen: die Unschärfe aller Dinge in einem Motiv, die näher oder weiter vom Objektiv entfernt sind als das Objekt selbst. Das sieht schon deshalb gut aus, weil es den Blick aufs Wesentliche zieht.
„Richtige“ Kameras haben aus physikalischen Gründen dabei die Nase vorn, auch wenn man es mit dem Handy näherungsweise simulieren kann. Aber: Mit der Tiefenunschärfe kann man es auch stark übertreiben. Das ist dann der Fall, wenn selbst von der Speise nur ein kleiner Bereich noch scharf ist.
Darum
gilt: Bokeh sollte man so dosiert einsetzen, dass die gesamte Speise
fokussiert ist – auch dafür sind übrigens die Testfotos
unheimlich nützlich.
4. Tipp: Wenn schon drucken, dann in bester Auflösung
Gerade Food Fotografie bleibt häufig digital. Eigentlich unnötig, denn ein buchstäblich „geschmackvoll“ komponiertes Speisefoto hat jedes Recht, ebenso im Rahmen zu landen wie Landschaften und Portraits.
Bloß: Viele Handys und Kameras fotografieren nur mit einer Auflösung von 72 DPI, also Pixel pro Zoll. Das kann je nach Ausdruckformat zu grob sein. Und gerade, weil es bei Speisen viele Nuancen, Farben usw. gibt, möchte man lieber, dass mehr Pixel auf den Zoll kommen. Das lässt sich am besten im Nachhinein am PC justieren, indem man mit Photoshop die Auflösung auf 300 DPI aufdreht. Behält man die ursprünglichen Abmessungen bei, besteht nun das Foto aus viel mehr Bildpunkten – und sieht ungleich feiner, kerniger aus.
5. Tipp: Tageslicht präferieren
Es gibt Fotoblitze, die ein Objekt natürlich wirken lassen. Die LED eines Smartphones gehört jedoch nicht dazu.
Wann immer es möglich ist, sollte man deshalb seine Speisen unter Tageslicht fotografieren, das von hinten-oben bzw. leicht von den Seiten kommt – auch wenn stattdessen Lampen über dem Tisch hängen, sollte man das so machen.
Auf jeden Fall dazu am Handy den Blitz abschalten; heutzutage sind die Chipsätze der mobilen Kameras so gut, dass sie auch bei Schummerlicht noch absolut akzeptable Fotos ohne großes Rauschen produzieren.
6. Tipp: Wer putzt, gewinnt
Ein leckeres Menü frisch aus der Küche ist ein herrlicher Anblick. Wenn dann allerdings auf Gläsern, dem Besteck und womöglich gar dem Tellerrand bereits Fingerabdrücke zu sehen sind, wird zumindest auf dem Foto daraus das Gegenteil von bildlichem Appetitanreger.
Deshalb: Alles, was im Bild sein wird, zuvor polieren. Man muss das Besteck nicht mit Baumwollhandschuhen anfassen, aber zumindest mit einem Papiertaschentuch darüberwischen.
7. Tipp: Die Umgebung macht das Menü erst schön
Wer einfach nur das, was er im Restaurant serviert bekommt, schön in Szene setzen will, muss natürlich mit dem leben, was sowieso auf dem Tisch steht. Hobbyköche indes sollten es sich zur Aufgabe machen, nicht nur die Speise selbst abzulichten.
Ein paar kulinarische Details, strategisch verteilt, können hier den großen Unterschied machen. Das können einzelne (roh belassene) Zutaten dieses Menüs sein. Auch Gewürze machen sich immer gut. Und wenn man die Wahl hat, sollte auch der Untergrund spannend sein. Ein schönes Tischtuch, ein rohes Holzbrett, so wird auch den Betrachtern noch nach Wochen und Jahren das Wasser im Mund zusammenlaufen.
Tatsächlich ist das alles nicht viel. Aber es macht den gehörigen Unterschied zwischen einem Essens-Schnappschuss und echter Food Fotografie – und erst letztere würdigt Koch und Zutaten so richtig.
Noch mehr Food Fotografie
Hunger bekommen? Die Chicago Tribune hat für eine Mini-Doku mit Fotografen und Food Stylisten gesprochen und hinter die Kulissen geschaut:
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