Polizeigewalt, Bandenkriege und Rassismus herrschen in Amerika heute genauso wie vor dreißig Jahren, als in einem Vorort von L.A. der Gangsta-Rap erfunden wurde. Dieses Subgenre des HipHop macht mit verbaler Kraft auf die Probleme unterdrückter Menschen aufmerksam. Die Rapper singen von ihrer Realität, vom Dealen, Gangs, Prostitution und Drogenabhängigkeit.
Mit Songs wie „Fuck da Police“ prangern sie ebenfalls die rassistisch motivierte Polizeigewalt an – und stoßen damit auf offene Ohren bis hinein in den weißen Mainstream. So schafften es Dr. Dre, DJ Yella, Eazy-E und Ice Cube mit ihrer Gruppe N.W.A. (Niggaz wit Attitudes) mit ihrem Album“Straight Outta Compton“ weltweit in die Charts und brachten ihre Ghetto-Realität ins Bewusstsein der weißen Wohlstandsgesellschaft. Ihnen folgten Legenden wie Tupac, Snoop Dogg oder der heute hochpolitisch und intellektuell (gangsta-)rappende Kendrick Lamar.
Wir haben Reportagen, fiktionale Kurzfilme und Web-Dokumentationen zusammengestellt, die Einblicke in die Welt des Gang-Lebens, der Vorstädte und der Rapper geben:
Der Haftbefehl von Haftbefehl | Doku
Aykut Anhan hat früh die Schule abgebrochen. Als sein Vater Selbstmord begeht, zerbricht für den 14-jährigen Aykut eine Welt. „…die Straße nahm mich in den Arm und ließ nie wieder los…“ – er kommt mit Drogen in Kontakt, dreht ständig krumme Dinger bis die Polizei wegen Betrugs nach ihm fahndet. Um nicht im Knast zu landen, flieht der junge Offenbacher zu Verwandten nach Istanbul.
Geläutert kehrt Anhan drei Jahren später zurück nach Deutschland und stellt sich. Er will neu anfangen und beginnt eine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker. Drei Wochen später bricht er sie wieder ab und eröffnet er ein Wettbüro. In dieser Zeit beginnt Haftbefehl seine ersten Songs aufzunehmen.
Die Kurz-Dokumentation „Der Haftbefehl von Haftbefehl“ erzählt die Geschichte von „Hafti“, der zehn Jahre nach seiner Flucht in die Türkei zu den relevantesten Rappern Deutschlands zählt.
Backstage Gangstarap | Doku
„Es zieht mehr an, wenn jemand sagt: Ich ficke deine Mutter, als: Atemlos durch die Nacht.“
Seit Jan Böhmermann in seinem Polizistenrap das Gepose der Rapper auf die Schippe genommen hat, schwingen sich Journalisten quer durch die Medienlandschaft zu Verteidigern des Ghetto-Slangs auf. Dazu passend die Doku auf Spiegel-TV:16 Zeilen hat eine Strophe im Gangster-Rap, jede ist voll mit Gewalt und Machismo. Raubüberfälle, Drogen und frauenverachtende Sprüche – mit ihren Rhymes kommen die Gangsterrapper bei der Jugend an. Sie produzieren den Sound aus dem Ghetto, ihre Texte geben Einblicke in die Problembezirke und in die Perspektivlosigkeit der Unterschicht.
Vom ehemaligen Drogendealer und Kleinkriminellen haben es einige zum gefeierten Rapper geschafft: Haftbefehl und Bushido sind die bekanntesten unter ihnen. Auch wenn der in gutbürgerlichen Verhältnissen aufgewachsene Bushido eigentlich gar nicht so ein krasser Gangster war, wie er behauptet. Die Doku begleitet mehrere deutsche Rapper und schaut hinter die Fassade der harten Kerle, die neurotisch ihr Bad-Boy Image beteuern.
Hier kannst du „Backstage Gangstarap“ ansehen
N.W.A The World’s Most Dangerous Group | Doku
Die Geburtsstunde des Gangsta-Raps lag Ende der 1980er Jahre in Compton, dem Vorort von L.A. der für seine hohe Kriminalitätsrate und Bandenkriege traurige Berühmtheit erlangt hat. Der Dealer Eazy-E investierte sein Geld, umgemeinsam mit Dr. Dre, Ice Cube und DJ Yella die Gruppe N.W.A. zu gründen. Auf seinem Plattenlabel Ruthless Records veröffentlichte die Band ihr erstes Album „Straight Outta Compton“, das mit seiner rebellische Ausdrucksweise und dem innovativen Sound schnell weltberühmt wurde…. der Rest ist Geschichte – spannend zu sehen in der Doku „N.W.A The World’s Most Dangerous Group“.
NOISEY Bompton – Eine Reportage „straight outta Compton“
„Wenn ich du wäre und ich hätte gerade eine Kamera, dann würde ich nach Bompton gehen. Die Stadt heißt eigentlich Compton, aber weil dort die Bloods regieren, setzen viele ein B an den Anfang. Warum ich dahin gehen würde? Dort leben die Nummer Eins Künstler der Rap-World“, sagt Snoop Dogg.
Der kalifornische Vorort Compton liegt nicht weit entfernt vom mondänen L.A. mit seinen Boulevards und Hollywood-Flair. Doch hierher verirrt sich mit Sicherheit kein Tourist. Seit den 80er Jahren ist Compton bekannt für seine Gewalt, Kriminalität und blutigen Bandenkriege. Täglich werden Menschen auf offener Straße erschossen, der Drogenhandel boomt und bewaffnete Raubüberfälle gehören zur Tagesordnung.
Internationale Berühmtheit erlangte Compton als Geburtsort des Gangster-Raps, insbesondere durch das Album „Straight Outta Compton“ (1988) von N.W.A., deren Geschichte letztes Jahr als Kinofilm erschien. Auch der derzeit einflussreichste Rapper der Welt, Kendrick Lamar, kommt aus dem berüchtigten Vorort und rappt in seinen Texten scharfsinnig über das Leben dort, über Freunde, Menschen, Rassismus und die alles dominierende Gewalt von Gangs und Polizei. Er wurde damit zu so etwas wie einer Galionsfigur der schwarzen Bürgerrechtsbewegung, Barack Obama bekennt sich ebenso als Fan wie die größten Künstler des Rap-Business.
Noisey besucht Kendrick Lamar in „Bombton“ – seiner Hood, redet mit ihm über seine Texte und seine Geschichte. Gemeinsam mit Kendricks Homies – die auch in seinen Videos und auf dem Albumcover von „To Pimp a Butterfly“ zu sehen sind – erkunden wir in sechs Folgen á zehn Minuten die West Side von Compton. Vom Pastor bis zur Prostituierten interviewt Noisey interessante Menschen des Viertels, besucht Kendricks alte Schule, seine besten Freunde & Gangmitglieder und zeigt Ausschnitte aus Konzerten und Videos des Rappers. Eine sehr spannende Reportage!
Chi-Raq | Spielfilm von Spike Lee
Auf Grund der hohen Mordrate wird die von Gangs und Waffengewalt beherrschte Chicago South Side von vielen nur noch Chi-Raq genannt. Wer hier geboren wird, ist ziemlich arm dran. Eine der reichsten Gesellschaften der Welt nimmt die Ghettoisierung von ganzen Landstrichen nicht nur in Kauf, sondern treibt sie sogar voran. So ist es kein Wunder, dass viele Bewohner von Chi-Raq entweder drogensüchtig, gewalttätig, kriminell oder alles zusammen werden. Wie auch in Compton träumen viele vom Ausbruch aus diesem Leben und vom großen Reichtum, entweder durch die Tätigkeit als Gangster oder als Gangster-Rapper.
Regisseur Spike Lee inszeniert seinen Film in Form der antiken, griechischen Komödie „Lysistrata“, die dem Zuschauer reimend von Samuel J. Jackson vorgetragen wird. Mit viel Hip-Hop, Witz und shakenden Hüften verweigern die Frauen – angeführt von Lysistrata, Freundin des Gangleaders Chi-Raq, ihren Männern den Sex, wenn diese nicht den sinnlosen Krieg beenden. „No peace. No pussy!“
Die Mädchenbanden von L.A. | Doku
Drogen, Gewalt und Angst bestimmen das Leben der Gangs in LA. Von den 40.000 Mitgliedern sind ungefähr 4000 weiblich. Im Leben der jungen Frauen geht es, neben dem Erlangen von Respekt und der Verteidigung der Ehre der Gang, ums nackte Überleben. Ein Bandenmitglied hat eine Lebenserwartung von 25 Jahren. Auch ihre Zukunft scheint nicht sehr rosig – wenn sie nicht auf offener Straße erschossen werden, landen sie früher oder später im Knast.
Liebe empfinden sie nur für ihre Kinder und ihre Freundinnen, die als Familienersatz dienen. Doch es liegt nur ein schmaler Grat zwischen Liebe und Hass: Am Ende kämpft jeder für sich. Dies ist keine Möchtegern-Gangster-Doku, sondern die ungeschminkte Realität der „Mädchenbanden von L.A.“