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Monster und Mythen – eine Spurensuche

ARTE Magazin | 27. Februar 2018

„Monster!“ Dieser Ausruf sollte von je her Aufsehen erregen. Bereits im Lateinischen existierte das Wort „monstrum“. Dabei stand es sowohl für Wunderzeichen und Mahnmal als auch in einem metaphorischen Sinne für Ungeheuer. Auf das Monster wird gezeigt. Noch heute verstehen wir unter Monstrum das Nichtmenschliche, das Übergroße, Überstarke und mitunter Hässliche. Es ist das, was wir nicht sind und sein wollen, auf das wir von uns weg zeigen können.

Frankenstein: Das moderne Monster

1818, also vor genau 200 Jahren, sprach die britische Schriftstellerin Mary W. ­Shelley in ihrem Horrorroman „Frankenstein­ oder Der moderne Prometheus“ erstmals von einem „Monster“ und etablierte einen modernen Mythos. Nicht, dass es das Ungeheuer nicht auch zuvor schon gegeben hätte: In Mythen und Legenden tauchte es in allen Kulturen auf, erwies sich als eine menschliche Konstante. Doch Shelley gelang es, das Monstrum in die Moderne zu retten. Ihr ­Viktor ­Frankenstein konstruiert es aus Leichenteilen von zum Tode Verurteilten und haucht dem Körper auf unheimliche Weise neues Leben ein. Doch das neu erschaffene Wesen leidet unter seiner monströsen Existenz und flüchtet vor der Gesellschaft.

In der Filmversion von ­James ­Whale (1931) kommt nachdrücklich Elektrotechnik bei der Erschaffung zum Einsatz. Das Monster (Boris Karloff) wird aus der Wissenschaft heraus geboren, torkelt auch hier tragisch durch die Welt und begeht eher versehentlich den Mord an einem Mädchen. In der Fortsetzung „Frankensteins Braut“ (1935) wird das Monster gar von der eigens für ihn geschaffenen, zweifellos schönen Braut mit stummem Schrei verstoßen.

Doku Monster und Mythen: Das Spiel mit den Albträumen

„Das Anarchische des Monsters erscheint uns verführerisch“ (Marcus Stiglegger)

Eines der effektivsten Monsterdesigns der Popkultur schuf der Schweizer Künstler H. R. Giger mit seinem „Alien“ 1979 für Ridley Scotts gleichnamigen Film. Geschaffen aus dem Urschleim des Kosmischen Grauens aus ­Howard ­Philipps ­Lovecrafts Horrorgeschichten (die Giger im Bildband „Necronomicon“ bereits als Inspiration genutzt hatte), erscheint das Alien mit seinen Armen und Beinen durchaus menschähnlich, doch seine Organröhren auf dem Rücken, die gepanzerte Haut und der längliche, penisartige Kopf lassen Alpträume Realität werden. Alien ist eine phallische Bedrohung im Sinne der Psychoanalyse, mit seiner penetrierenden Zunge und dem ausfließenden Schleim. Das Alien ist eine Projektion unserer psychosexuellen Ängste und eines unwillkürlichen Körperekels. Fassungslos zeigen wir auf dieses Wesen, das ist, was wir verleugnen.

Das Monstrum erscheint im Sinne der Psychoanalyse als das fleischgewordene Abjekt – unser verfemter Teil, den die Literaturwissenschaftlerin ­Julia ­Kristeva in „The Powers of Horror“ (1982) analysierte. Das Alien ist umso beängstigender, da ihm die Tragik des klassischen Monsters fehlt: Es ist pures Raubtier, mit reiner Lust an der Penetration und der Zerstörung des anderen Körpers. So viel Ehrlichkeit ist kaum zu ertragen.

Der Artikel über die Doku Monster & Mythen erschien zuerst im Arte Magazin. Den gesamten Artikel könnt ihr hier lesen.

 

Monster, Zombies und Haie: Auch unsere Filmliste der besten Gruselfilme für Schisser fällt definitiv nicht aus dem Thema.

Bild: © Carsten Gutschmidt, Doku Monster

 

Verfügbar bis: 25. März 2018
Kategorien: Kultur